tovotu

14. März 2010
Werner Suerbaums Aeneiskommentar

Wie man aus einigen Artikeln auf dieser Seite bereits herauslesen konnte, habe ich mich vor fast zwei Jahren beim Übergang in die Qualifikationsphase zum Abitur für einen Latein-Leistungskurs entschieden. Nun stehe ich kurz vor den Abitur-Prüfungen und es gilt, die behandelten Inhalte wieder ins Gedächtnis zu rufen: Der inhaltliche Teil der Latein-Klausur fließt zwar nur zu einem Drittel in die Note ein. Aber man will ja auch diese 5 möglichen KMK-Punkte nicht unnötig verschenken.

Die im Latein-LK behandelten Themen sind ähnlich übersichtlich wie die Themen des Mathe-LKs. In Mathe lässt sich der Umfang auf die Begriffe Stochastik, lineare Algebra und Analysis zusammenfassen. In Latein sind es Rhetorik (Cicero), Lyrik (Vergil) und Philosophie (Seneca).

Nicht zuletzt aufgrund der Übersetzungsschwierigkeiten wird der Lyrikvorschlag - sollte es einen geben - nur ungern gewählt. 180 Wörter Lyrik zu übersetzen ist eben doch nicht ganz dasselbe wie 180 Wörter Seneca.
Nachdem ich nun aber im Zuge der Abitur-Vorbereitung das Buch Vergils Aeneis. Epos zwischen Geschichte und Gegenwart von Werner Suerbaum gelesen habe, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich den Lyrik-Vorschlag wirklich von Anfang an ausschließen will.

Zwar behauptet ein Rezensent bei Amazon.de, Suerbaums Kommentar sei fachlich unbezahlbar, "[f]ür Schüler als Hilfe allerdings wohl eher zu kompliziert". Diese Einschränkung kann ich aber nicht bestätigen. Bei der Lektüre des Kommentars ist im Gegenteil immer wieder die Bemühung des Autors deutlich geworden, den schweren antiken Stoff dem modernen und ungelehrten Leser näherzubringen. Und seine Bemühungen lohnen sich: Die Grundkonzeption, das Werk nicht von Seiten des komponierenden Autors zu verstehen, sondern sich in die Lage des entschlüsselnden Lesers zu versetzen, zahlt sich aus.

Aus fachlicher Sicht ist dieser Ansatz sogar sehr fortschrittlich, wenn man bedenkt, dass man über Vergil kaum gesichertes biografisches Wissen hat. Viel nützlicher wirkt sich diese Konzeption aber natürlich auf die Lesbarkeit des Kommentars aus. Er ist nicht nur ohne Studium der Altphilologie verständlich, sondern insbesondere auch höchst interessant und unterhaltsam geschrieben.

Auf dem Umweg über Suerbaums Aeneis-Kommentar bin ich dem Werk jedenfalls so viel näher gekommen, dass ich eine Auseinandersetzung damit im Rahmen meiner Abi-Klausur nicht mehr ausschließen, sondern im Gegenteil sogar für interessanter und vielversprechender halten würde als die trockene Rhetorik Ciceros und die allzu hoch stilisierte Philosophie Senecas. (Ich persönlich finde Ciceros Auffassung von Philosophie vielleicht sogar sympathischer als seine Rede-Theorie - auf jeden Fall aber interessanter als Senecas Philosophie.)

Kommentare

Administrator 2. Dezember 2012

Ich bin gerade zufällig wieder auf diesen Artikel gestoßen und muss dem jetzt doch wenigstens dies eine hinzufügen:

In der Abiturklausur damals habe ich letztendlich tatsächlich den Lyrik-Vorschlag gewählt. Allerdings zugegebenermaßen nicht nur, weil ich mich dort thematisch gut vorbereitet fühlte, sondern auch, weil der entsprechende Übersetzungsteil mir mit Abstand am einfachsten erschien.

Wie auch immer: Die Wahl hat sich dann auch tatsächlich spätestens bei der Verkündung der Zensuren als fruchtbar erwiesen. Also nur Mut zur Lyrik!
Neue Kommentare zu diesem Artikel bitte per Mail an kommentare-433(at)tovotu.de!