Unterstützung in lateinischer Schullektüre

Latein genießt in der Schülerschaft einen fast genauso schlechten Ruf wie Mathematik. So richtig beherrschen ja doch nur wenige diese Sprache und noch weniger Schüler können dem Übersetzen der umständlichen Konstruktionen in die eigene Muttersprache etwas Positives abgewinnen.

Ich selbst bin der lateinischen Sprache eher zugeneigt und finde auch meinen Gefallen sowohl an der Entschlüsselung der alten Formulierungen als auch am Kennenlernen des antiken, aber gleichzeitig oft hochaktuellen Gedankenguts.

Es ist allerdings eine unabänderliche Tatsache, dass selbst - oder besonders - im Leistungskurs Latein der Anteil derer sehr groß ist, die sich bei der Übersetzung von Cicero, Vergil, Seneca und Tacitus unlautere Hilfe zukommen lassen: Sie verwenden Übersetzungen - teilweise aus Büchern, meistens allerdings - da schnell und günstig - aus dem Internet.
Ich kann dieses Verhalten auch verstehen. Denn sobald jemand damit anfängt, steigt der Tempodruck im Kurs enorm - beim Lehrer entsteht der Eindruck, dieses Tempo sei nicht zu viel erwartet, und es besteht große Gefahr, den Anschluss zu verlieren, wenn man auf diese "unlautere Hilfe" verzichtet.

Als wir jüngst im Unterricht mit der Übersetzung von Tacitus' Annalen anfingen, hieß es, es gebe keine Internet-Übersetzung hierzu. Man merkte auch deutlich, wie das Übersetzungstempo gezügelt werden musste. Manche freuten sich sogar darüber, weil damit natürlich auch der allgemeine Druck nachließ. Doch inzwischen sind einige auf anderem Wege auf entsprechende Übersetzungen gestoßen und man rüstet sich für den Ernstfall, für den Sturm.

Das Gerücht, es sei im Internet keine Übersetzung zu finden, ist natürlich falsch. Allein, was wäre es für eine Schmach für das allmächtige und allwissende Internet, wenn sich ein solches Kulturgut wie Tacitus Annalen dort nicht finden ließe? Man muss eben nur wissen, wo man zu suchen hat.

An dieser Stelle möchte ich eine ziemlich unbekannte Anlaufstelle anführen: das Internet Archive [1]. Dort finden sich ungeahnte Schätze. Insbesondere (eigenartigerweise) auch komplette Bücher als PDF, die in der Google Buchsuche aus verlagsrechtlichen Gründen gesperrt sind. Zu den Annalen von Tacitus findet sich zum Beispiel eine deutsche Übersetzung aus dem Jahre 1864 [2]. Falls die Links zu den einzelnen Formaten auf der linken Seite mal nicht funktionieren sollten, so reicht gewöhnlich ein Klick auf "HTTP" und man bekommt die direkte Übersicht über alle tatsächlich verfügbaren Dateien.

Gibt man sich mit der Übersetzung von 1864 (etwa aus Qualitätsgründen) nicht zufrieden, braucht aber eigentlich nur einige wenige Auszüge (einige Seiten), hat man auch die viel zu wenig genutzte, aber im Grunde ja völlig legale Möglichkeit, bei Amazon in einem entsprechenden Buch zu suchen (mit Klick auf "Blick ins Buch"). Gibt man einen Teil des lateinischen Satzes ein, den man gerade übersetzen möchte, so wird man in einer zweisprachigen Ausgabe des Werkes gewöhnlich problemlos fündig. Das entspricht (meiner unqualifizierten Meinung nach) von Rechts wegen keiner illegalen Handlung. Es ist ja vielmehr vergleichbar damit, dass man in den Buchladen geht und sich einige Notizen aus einem dort ausliegenden Buch herausschreibt. Über eine "Leseprobe" geht das nicht hinaus.

  1. archive.org
  2. archive.org/details...lateinischm02taciuoft
2. Februar 2010 - Tags: Schule Literatur Internet Sprachen