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29. September 2010
Erste kulturelle Erlebnisse in Bonn: Teil 2 - Das Arithmeum

Der Slogan "Rechnen einst und heute" ist nicht gerade ein Publikumsmagnet, wage ich zu behaupten. Dass das Arithmeum in Bonn, das sich diese Worte auf die Fahnen schreibt, trotz seines hochinteressanten Äußeren nie nennenswert gut besucht war, sooft meine Wege daran vorbei führten, kann also leider kaum überraschen.
Trotzdem stattete ich dem Arithmeum jetzt, nach meinem Umzug nach Bonn, einen zweiten Besuch ab. Hatte ich im vergangenen Winter den fachlichen und historischen Wert der Ausstellung im Kopf, so wollte ich diesmal mein Augenmerk auf einen ganz anderen Aspekt richten, der mir überhaupt vernachlässigt zu werden scheint.

"Das Arithmeum soll ein Gesamterlebnis vermitteln" heißt es auf der offiziellen Webseite [1]. Liest man hier, dass der "ästhetische Genuss von Architektur, Ausstellungsdesign und die Vermittlung von Kunst" eine zentrale Rolle im Konzept der Ausstellung einnehmen, werden die angestaubten Rechenmaschinen plötzlich zu Nebensachen in einem gestalterisch-künstlerischen Großprojekt.
Vom künstlerischen und gesamtkompositorischen Aspekt des Arithmeums hatte ich erst geahnt, als mein erster Besuch damals bereits abgeschlossen war. Seitdem rätselte ich, welche besondere Bedeutung eigentlich der ungewöhnlich aufwändigen Gestaltung der Ausstellungsräume mit unkonventionellen Designer-Stühlen, geheimnisvollen Mobilées an der Decke und originellen Gemälden an den Wänden zukam.

Dass das Arithmeum also so wenig besucht ist, bestätigt mir, dass ich nicht der einzige bin, dem das Konzept, das auf der offiziellen Webseite beschrieben wird, entgangen ist. Denn das "Gesamterlebnis", von dem hier die Rede ist, klingt unglaublich aufregend und würde sicherlich viel mehr Besucher anlocken, wäre es offensichtlicher, dass das Arithmeum sich durchaus nicht an historischen Rechenmaschinen erschöpft.
Was es mit diesem "Gesamterlebnis" genau auf sich hat und welche ungekannt große Rolle die Kunst eigentlich darin spielt, habe ich in einer der wöchentlich stattfindenden Führungen erfahren dürfen. Ich kann nur jedem halbwegs Kunstinteressierten empfehlen, sonntags die 15-Uhr-Führung mitzumachen. Dort erfährt man, wie sich Bauhaus, konkrete Kunst, De Stijl und Farbflächenmalerei in Architektur, Inneneinrichtung und den aushängenden Gemälden (Originale!) widerspiegeln. Wer sich mehr für die ausgestellten "Rechner" und einen Überblick über das Arithmeum interessiert, dessen Wissensdurst wird in einer sonntäglichen Führung um 11 Uhr gestillt.

Das Arithmeum als eben jenes "Gesamterlebnis" zwischen Kunst, Architektur, Geschichte, Mathematik, Ausstellungsdesign und Ästhetik wahrzunehmen, als das es von offizieller Stelle von Anfang an konzipiert war, ist unzweifelhaft der beachtliche Genuss einer bewundernswert individuellen, aufregenden und vor allem interessanten Einrichtung.

  1. arithmeum.uni-bonn.de

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