tovotu

26. Juli 2010
Es spukt im D1-Netz *** Update: Bibelverse

Seit dem 19. oder 20. Juli 2010 kursieren im D1-Netz der Telekom Kurznachrichten (SMS), deren Absender und Inhalt scheinbar völlig zufällig zusammengestellt werden. Das heißt, die Nachrichten enthalten zufällige alphanumerische Zeichenfolgen (wirre, "kryptische" Buchstaben und Zahlen) von 20 bis 50 Zeichen Länge. Die Absender sind stets ausländische Telefonnummern.
Mit dem Problem beschäftigt man sich nun also schon seit über einer Woche in verschiedenen Internetforen. Ich habe zusammgestellt, was der Austausch der User in folgenden Internetforen ergeben hat:

Ein unerklärliches, anscheinend zufälliges und sinnloses Wirrwarr aus Zahlen und Buchstaben

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Leerzeichen treten in den meisten Fällen ebensowenig wie Sonderzeichen auf. Die Länge der Nachrichten variiert zwischen 20 und (in Einzelfällen) über 100 Zeichen.

Die Nummern der Absender haben Vorwahlen unterschiedlicher, aber stets weit entfernter Länder wie Vietnam, Indien oder Burkina Faso (Westafrika). Die Ziffernfolgen der Nummern sind nicht auffällig, sondern eher gewöhnlich - wie Privatnummern. Betroffene, die die Nummern zurückzurufen wagten, wurden mit Privatpersonen oder Call-Centern verbunden. Nie sprach der gewählte Gesprächspartner Deutsch. Bisweilen war niemand unter diesem Anschluss erreichbar.

Es handelt sich bei den Empfängern um Kunden aller Mobilfunkanbieter, die das D1-Netz verwenden: Discotel, Simply, T-Mobile, Callmobile, Congstar und andere. Betroffen sind sowohl Nummern mit D1-Vorwahl als auch portierte Nummern mit anderen Vorwahlen. Unter den Empfängern gibt es welche, die schon über ein Jahr ihre Verträge oder Prepaid-Tarife haben - ebenso gibt es aber auch Neukunden wie mich die seit weniger als einem Monat dabei sind [1]. Der Handytyp scheint auch beliebig zu sein: iPhone-User befinden sich unter den Betroffenen ebenso wie Billig-Handy-Benutzer.
Die anfängliche Vermutung, ausschließlich Auslandsreisende könnten betroffen sein, wurde durch mehrere Betroffene widerlegt, die sich längere Zeit nicht mehr im Ausland aufgehalten haben. Außerdem konnten einige Betroffene (auch ich) garantieren, dass sie ihre Nummer nicht an Dritte außerhalb ihres engeren Bekanntenkreises weitergegeben haben - um Werbung handelt es sich angesichts der sinnlosen Inhalte aber ohnehin nicht.
Eine Sache ist jedoch sicher: Nicht alle D1-Nutzer sind betroffen. Ich selbst habe auf meinem Zweithandy (T-Mobile), dessen Handy-Nummer eigentlich viel weiter verbreitet ist, noch keine einzige solche SMS erhalten - das gleiche trifft auf die Handys meiner Eltern zu (ebenfalls T-Mobile).

Bis zu zwei Kurznachrichten pro Tag stellen eine ärgerliche Belästigung dar, zumal die Nachrichten auch manchmal zu nächtlicher Stunde eintreffen. Darüber hinaus berichten einige Betroffene davon, dass ihnen diese Nachrichten in Rechnung gestellt wurden. Manch einer bezahlte dabei den üblichen SMS-Tarif, andere wurden ihr gesamtes Guthaben los. Ein Betroffener konnte seiner Mobilfunkrechnung entnehmen, dass die entstehenden Kosten unter "sonstige Dienste" zusammengefasst werden. Wieder andere sind sicher, dass keine Kosten durch die Spam-Nachrichten entstanden sind.

Einzelne Anfragen bei der Deutschen Telekom haben bisher nichts erreichen können. Der Kundenservice der Telekom scheint von diesem Problem bislang nichts gehört zu haben. Da die Ursache des Problems völlig unbekannt ist, gibt es momentan noch keine Möglichkeit direkt und effektiv dagegen vorzugehen.
Es ist aber anzuraten, sich mit seinem Mobilfunkanbieter in Verbindung zu setzen und ihm die Sachlage zu unterbreiten. Eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur ist ebenso denkbar. Wer diesen Aufwand scheut, aber nicht untätig bleiben will, tut am besten daran, seine Erfahrungen in einem Eintrag ins ComputerBase-Forum zu schildern [2]. Dort gibt es den bislang längsten und aktivsten Thread zum Thema.

Update nach einer Woche

Zur Entwicklung seit der Erstellung des Artikels kann man sich genauestens in den Kommentaren informieren. Insbesondere wurde wohl inzwischen eine SMS-Sperre für die fraglichen Spamnachrichten eingerichtet [3]. Außerdem berichten inzwischen die Webseiten stern.de [4], teltarif.de [5] und bnet.info [6]. Ich selbst kann bestätigen, seit der Sperre keine SMS mehr aus wirren Zahlen und Buchstaben erhalten zu haben.

Wirre alphanumerische Zeichenketten wurden jetzt nämlich scheinbar komplett durch Bibelverse ersetzt, von denen nun im Eplus-, O2-, Vodafone- und D1-Netz berichtet wird. Es handelt sich um englische Zitate aus der King-James-Bibel, einer 250 bis 400 Jahre alten Übersetzung des Alten und Neuen Testaments ins Englische.

Ich habe bereits früher davon berichtet, wie Spam-Versender mithilfe von Texten, die zwar sinnvolle Worte und Sätze enthalten, aber keine erkennbar sinnvolle Aussage haben, Spam-Filter umgehen können [7]. Vermutlich handelt es sich auch jetzt wieder um eine Maßnahme der Spammer, die Abwehr- bzw. Filtermaßnahmen der Netzbetreiber auszuhebeln.

  1. tovotu.de/blog/447-...Handy-fr-Extremsparer
  2. computerbase.de/for...owthread.php?t=762955
  3. twitter.com/deutschetelekom
  4. stern.de/digital/te...-per-sms-1587872.html
  5. teltarif.de/kyptisc...eiber/news/39550.html
  6. bnet.info/smsen-mit...dybesitzer-bundesweit
  7. tovotu.de/blog/436-...t-Spam-vor-dem-Filter

Kommentare

Manuela 27. Juli 2010

Auch ich bekomme diese SMS seit ein paar Tagen-auch Nachts. Es nervt sehr und ich hoffe, das es keine Kosten Folgen für mich hat....

Administrator 27. Juli 2010

Die Idee, dass die wirren alphanumerischen Zeichenfolgen aus einer falschen Codierung resultieren, halte ich persönlich für unwahrscheinlich. Zumindest am Computer führen falsche Zeichensätze zu Fragezeichen, Kästchen und sonstigen Sonderzeichen. Einfache alphanumerische Ketten entstehen dabei gewöhnlich nicht. Ein Betroffener meinte auch zu wissen, dass sich unbekannte Zeichen auf einem Handy gewöhnlich als hexadezimale Zeichenfolge mit dem Präfix "0x" bemerkbar machen.

j.k. 27. Juli 2010

P.S. Ist es btw. nicht eventuell möglich das die scheinbar wirren Buchstabenreihen lediglich
die Darstellungsalternative zu in der Handysoftware nicht vorhandenen Schriftarten/-zeichen ist?

Administrator 27. Juli 2010

Seit gestern melden sich tatsächlich die ersten Eplus- und Vodafone-Kunden, die mit den mysteriösen Kurznachrichten zu kämpfen haben. Immer mehr Betroffene berichten davon, dass der Kundenservice jetzt unterrichtet ist, aber auch keine Hilfe anbieten kann. In den meisten Fällen kommen mit den SMS keine Kosten auf den Empfänger zu. Der Kundenservice betont aber, dass eventuell entstandene Kosten natürlich im Nachhinein zurückgefordert werden können.
Vereinzelt heißt es, der Empfang dieser Nachrichten habe vor zwei Tagen unerwartet aufgehört. Andere sind dagegen auch in der vergangenen Nacht wieder damit beglückt worden.

j.k. 27. Juli 2010

Das Problem scheint sich, entgegen der einstimmigen Meinung dazu im Netz, nicht auf D1 zu beschränken.
Ich bin seid Jahren Vodafonekunde und hab letzte Nacht eine entsprechende sms aus Nepal bekommen.
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