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26. November 2016
Jagdverbände und moderner Umweltschutz

Moderne Umweltschutzverbände wie der NABU, der BUND, Greenpeace, aber auch der 1988 gegründete Ökologische Jagdverband äußern immer wieder Kritik an den geltenden Jagdgesetzen und an deren vermeintlicher Nichteinhaltung durch traditionelle Jagdverbände, während letztere gerne beleidigt jede Schuld von sich weisen. Dieser Artikel versucht einen Eindruck von der verfahrenen Lage zu vermitteln.

Traditionelle Jagdverbände begreifen Jagdgesetze oft als Gängelung und Einmischung in ihr Fachgebiet:

In Richtung Landesregierung schoss Bürgermeister Michael Kronauge zuvor in Bezug auf das geplante Landesnaturschutzgesetz: „Unsere Vorväter haben uns diese schöne Natur mit ihrer Vielfalt an Pflanzen und Tieren erhalten. Sie haben das ganz ohne Naturschutzverbände und ökologische Jagdgesetze geschafft, sondern einfach nach überlieferten Regeln und gesundem Menschenverstand gehandelt. Wir sind gut beraten, dieses Vorgehen so beizubehalten.“ [1]

So eine Aussage erscheint freilich absurd angesichts weltweit schon in vor- oder frühindustrieller Zeit (also von den "Vorvätern") ausgerotteter Tierarten wie Greifvögeln, Wölfen oder Bären oder auch angesichts des zunehmenden Problems sich vermehrenden Schwarz- und Rotwilds. Bei so viel Selbstbewusstsein kann es auch kaum noch überraschen, dass im gleichen WAZ-Artikel davon gesprochen wird, die Abschussquoten seien eingehalten worden, obwohl die Jäger laut eigener Statistik 11% weniger Tiere als vorgegeben geschossen hatten.

Tatsächlich beanspruchen die traditionellen Jagdverbände gerne immer wieder für sich, über die Angemessenheit von Abschussquoten selbst am besten urteilen zu können.[2] Dazu gehört auch, dass sie die Beschießung von Wölfen und Greifvögeln fordern, bevor die überhaupt in signifikanter Zahl vorhanden bzw. aus dem Status der Bedrohung heraus sind.

Eine gewisse Kompetenz im Umgang mit der Natur will man den Jagdverbänden nicht ganz absprechen. Das Bundesnaturschutzgesetz geht sogar so weit, alle Jagdverbände als Naturschutzvereinigungen zu bezeichnen. Man muss sich aber doch wundern, wie Herr Kronauge in obigem Zitat die Formulierung "ohne Naturschutzverbände" über die Lippen geht, wenn Jagdverbände eben dieses Label eigentlich für sich beanspruchen. Das Umweltverständnis von Jagdverbänden scheint außerdem oft von fadenscheinigen Interessen unterschiedlichster Art überlagert.

So vertreten Jagdverbände oft die Meinung, viel Wild sei für die Biodiversität in Wäldern notwendig,[3] obwohl das Gegenteil in modernen Naturschutzverbänden und Ökowissenschaften längst Konsens ist.[4] Man gewinnt schnell den Eindruck, dass es den Jägern vielmehr um ihr "Jagderlebnis" geht, das natürlich leidet, wenn so wenige Tiere da sind.[5]

Die Jagdverbände vertreten letztendlich die Interessen von (Hobby-)Jägern, die eben Spaß an ihrer Tätigkeit haben. Dazu gehört, dass Tiere in möglichst hoher Zahl vorhanden sind und in möglichst hoher Zahl geschossen werden dürfen.[6] Wie das anfängliche Zitat belegt, würden Jäger am liebsten komplett ohne Vorgaben schießen, was sie gerade für nötig halten. Sie vertreten dabei die Meinung, diese intuitive Herangehensweise stünde im Einklang mit der Natur, obwohl die verheerenden Folgen einer solchen Vorgehensweise bekannt sind. Der WAZ-Artikel deutet auch an, dass der Einfluss konservativer Hobbyjäger in den Jagdverbänden und deren politischer Lobbyarbeit gerade deswegen besonders ausgeprägt ist, weil hochrangige (konservative) Politiker oft selbst Jäger sind.

Der Frust unter modernen Naturschützern ist groß. Das führt zum Beispiel dazu, dass unter hervorgehaltener Hand gerne neben Kleintierzüchtern auch Jäger verdächtigt werden, wenn bedrohte Arten geschossen werden. Tatsächlich werden solche Straftaten bisweilen von Jägern begangen - das sind schließlich auch die, die die nötige Jagdausrüstung besitzen. Es ist naheliegend, den Jagdverbänden eine gewisse Verantwortung für solche Vorkommnisse zu unterstellen. Leider sind die Fronten zwischen modernen Naturschützern und traditionellen Jagdverbänden durch solche Schuldzuweisungen zunehmend verhärtet, wo doch dringend ein Dialog stattfinden müsste.

  1. https://www.derwes...-aimp-id11656887.html
  2. volksstimme.de/nach...en-abschussquote.html
  3. jaegerstiftung.de/i...icle&id=11&Itemid=120
  4. forestry.gov.uk/pdf....pdf/$FILE/fcin36.pdf
  5. aachener-zeitung.de...und-kommunen-1.363448
  6. nabu.de/natur-und-l...d/rabenvogeljagd.html

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