tovotu

11. August 2007
Hörbuchunterhaltung für einen ganzen Tag

Von meiner Englandfahrt vor wenigen Tagen wird jeder aufmerksame Blog-Leser schon erfahren haben. Dass wir die lange Reise mit dem PKW bestritten, steht in dem entsprechenden Artikel allerdings nicht. Hin- und Rückfahrt nahmen also inklusive der Fähre jeweils über 14 Stunden in Anspruch. Dazu kamen noch die Fahrten innerhalb Englands. Was kann man während dieser Zeit schon groß anfangen? Landschaft angucken ist nicht überall möglich und schlafen kann man ja auch nicht gerade zu jeder Tageszeit - vor allem im engen Kombi nicht.

Jetzt war kurz vor der Abfahrt nach England das neue Harry Potter-Buch auf Englisch erschienen. "Eine gute Gelegenheit noch schnell ein wenig Englisch zu lernen während der Fahrt", dachte ich. Nur ungünstig, dass ich vom Lesen im Auto Reiseübelkeit bekomme. Aber wofür gibt es denn Hörbücher, die in diesem Fall auch noch praktischerweise direkt bei Erscheinen des Buches erhältlich sind? Diese Gelegenheit habe ich wahrgenommen und vertrieb mir so die meiste Zeit der Fahrten mit meinem MP3-Player und dem HP-Hörbuch.

"Harry Potter And The Deathly Hallows" - schon der Titel enthielt abschreckenderweise eine für mich fremde Vokabel: "hallows". Im Glauben an die Richtigkeit des Wörterbuchs, es seien "Heilige" gemeint, erfuhr ich später durch Wikipedia, dass der Titel dermaßen mehrdeutig ist, dass ausländischen Verlägen zur einfachereren Übersetzung die Alternative "the Relics of Death" angeboten bekamen, was den "Reliquien des Todes" entspricht.[1]

Kommen wir zu meinen Erfahrungen mit dem Band und auch der ganzen Reihe. Die Story von dem vernarbten Jungzauberer kennt inzwischen wirklich jeder: vor allem das Vermögen der inzwischen Eine-Milliarde-US-Dollar schweren Autorin freut sich darüber. Bereits zu meiner Erstkommunion vor 6-7 Jahren bekam ich die ersten zwei Bände der damals noch nicht so bekannten Reihe geschenkt. Die gefielen mir auch noch außerordentlich gut. Auf jeden Nachfolgeband freute ich mich, gleichzeitig wurde mir aber auch bewusst, dass die Qualität mit jeder Neuerscheinung abnahm. Den sechsten Band tat ich mir dann gar nicht mehr an, sondern war mit der Inhaltsangabe von Wikipedia bereits zufrieden gestellt.

Bezüglich dieser Qualitätsabnahme ist der siebte und letzte Band auch keine Ausnahme. Es ist ein schöner Unterhaltungsroman zum Zeitvertreib und in diesem meinem Fall noch zum Englisch Lernen - mehr aber auch nicht! Wie die britische Autorin Fay Weldon sagte, ist es eben nur "lesbare, nützliche jeden-Tag-Prosa".[2] Auf Wikipedia stehen weitere harte Kritiken, denen ich aber nur teilweise zustimme. Vor allem der Auffassung, es sei "geschrieben für Leute, deren Vorstellungskraft sich aus Zeichentrickserien, Soaps, Reality-TV und VIP-Schwachsinn speist",[3] stimme ich in gewissem Sinne zu: Ich habe nämlich den Eindruck, dass in Rowlings Romanen die Tiefe und der Anspruch fehlen. Also genießt ruhig dieses unterhaltsame Stückchen Literatur! Man sollte aber über das, was ich gesagt habe, nachdenken, bevor man im Harry Potter-Wahn das gesamte siebenbändige Werk in den Himmel der modernen Literatur erhebt.

  1. de.wikipedia.org/wi...BCmer_des_Todes#Titel
  2. entertainment.times...ws/article1358855.ece
  3. dir.salon.com/story...tt_rowling/index.html

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