18. Februar 2009
Nobelpreisträger der Woche: Hermann Hesse
Er erhielt 1946 den Literaturnobelpreis „für seine inspirierte Verfasserschaft, die in ihrer Entwicklung neben Kühnheit und Tiefe zugleich klassische Humanitätsideale und hohe Stilwerte vertritt“. Hermann Hesse war damit der siebte deutschsprachige Autor, der den Literaturnobelpreis erhielt. Ihm sollten in der gesamten zweiten Hälfte des 20. und im anbrechenden 21. Jahrhundert nur noch drei folgen.
Die Begründung des Komittees aus Stockholm enthält bereits das Wort "Entwicklung" - wohl eher zufällig, aber genau dieser Ausdruck prägt eigentlich die bekanntesten und einflussreichsten Werke Hesses. Hinter Namen wie "Der Steppenwolf", "Das Glasperlenspiel", "Narziss und Goldmund" oder "Siddharta" verstecken sich so genannte Entwicklungsromane. Wer die genannten Romane gelesen hat, ahnt vermutlich, was diese Gattung auszeichnet: ausführliche Berichte und Erzählungen über das Leben oder einen Lebensabschnitt einer Person, die im Laufe des Romans eine auffällige Entwicklung durchmacht. Dabei entdecken die Personen oft ganz andere Sichtweisen und machen einen fundamentalen Lebenswandel durch.
Ich habe die genannten Bücher alle gelesen und war von allen angetan. Zunächst ist Hesses Schreibstil natürlich absolut mitreißend und auch gleichzeitig so wandlungsfähig, dass er zu der Stimmung und dem Inhalt jedes Buches perfekt zu passen scheint. Darüber hinaus wissen die Werke vor allem aber auch inhaltlich zu fesseln und regen zur Reflexion, zum Vergleich, zum Nachdenken an. Die Personen im Zentrum werden dem Leser unvergleichlich nahe gebracht und man erlebt jeden Schritt in der Entwicklung der Charaktere schon ab der ersten Seite voll Spannung mit.
Die Aussagekraft dieser Bücher ist enorm. So wird die von Hesse in der Erzählung "Siddharta" gezeichnete Person nicht selten als zweiter Buddha oder sogar als besserer Buddha bezeichnet. In Amazon-Rezensionen zu diesem Werk finden sich sogar einzelne, die von "Siddharta" behaupten, es habe den Platz einer Religion in ihrem Leben eingenommen. Da gibt es Begeisterte, die das Buch in fast regelmäßigen Abständen zu Rate ziehen und aus dem Inhalt neuen Lebensmut schöpfen.
Ich will gar nicht weiter schwärmen. Man muss auch ehrlicherweise eingestehen, dass die Lektüre nicht rein zur Unterhaltung dienen kann - der Leser wird praktisch zum Nachdenken und Träumen "genötigt". Wer daran nichts schlechtes sieht - wie ich -, der wird an den Werken des Nobelpreisträgers eine große Freude haben!