tovotu

18. März 2011
Wie gammelig bist du? - Dänische Konversationen

Mein Interesse für unsere Nachbarn aus dem Norden und ihre Sprache, hatte ich bereits in einem früheren Artikel geäußert [1]. Seitdem ist ein Jahr vergangen und weder beherrsche ich die dänische Sprache, noch hat sich eine Gelegenheit für einen Besuch Dänemarks ergeben. Mein Interesse hat aber kaum abgenommen.

Jetzt besitze ich ja seit kurzem ein Android-Handy und, wie ich gestern Abend durch den App-Market stöberte, stieß ich auf die spottbillige App LingoPal Dänisch [2]: Ein sprechender Sprachführer "mit Stil".
Für einen Euro bietet diese App auch nicht viel mehr, als man für das Geld erwarten würde. Aber immerhin sind die wichtigsten Redewendungen aus den Kategorien Konversation/Smalltalk, Flirten, Beschimpfung, Auskunft/Wegbeschreibung, Reisen, Tage/Uhrzeit und den anderen Themengebieten, die einen Kurzurlauber interessieren könnten, enthalten.
Zum Flirten hält die App dabei so nützliche Wendungen bereit wie "Ich bin Delphintrainer" oder "Ich mag Hunde, lange Spaziergänge am Strand und französische Gedichte im Mondlicht lesen". Wenn da mal nicht jedes dänische "piger" (Mädchen) dahinschmilzt.

Besonders interessant ist, dass Dänen "Hvor gammel er du?" fragen, wenn sie an dem Alter ihres Gegenüber interessiert sind. Dass der dänische Begriff für alt ("gammel") mit den deutschen Begriffen "gammelig" oder "gammeln" zusammenhängen könnte, wirkt eher wie ein schlechter Witz. Ein Blick in das deutsche Wörterbuch von WAHRIG lokalisiert diese Begriffe aber tatsächlich auf Norddeutschland und bei dem Eintrag zu "gammeln" steht sogar tatsächlich "vielleicht zu dän. gamle".
Dass die Dänen sich gegenseitig fragen, wie gammelig sie sind, wenn es ums Alter geht, ist schon eine höchst brisante Annahme. Besonders abwegig ist das allerdings nicht, wenn man bedenkt, wie nah die skandinavischen Sprachen sonst dem (Nord-)Deutschen sind. Ein bisschen verunsichert und auch enttäuscht wurde ich zuletzt dann doch nach einem Blick ins Grimmsche Wörterbuch [3]. Hier konzentriert sich die Analyse des Begriffs auf die Formen "Gammel" und "gämeln", denen allerdings ganz andere Bedeutungen zukommen, als man anhand der heutigen Verwendungen von "gammeln" oder "gammelig" vermuten würde.
Zwar redet das Grimmsche Wörterbuch auch von fränkischen Wurzeln dieser Begrifflichkeiten. Die stark abweichenden Bedeutungen lassen aber vermuten, dass sich derselbe Begriff zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Regionen mit verschiedenen Bedeutungen gebildet haben könnten. Zuletzt sind wir also kaum schlauer als vorher - auf alle Fälle im Gedächtnis wird aber die eher wie eine Beleidigung klingende Frage bleiben: "Hvor gammel er du?".

  1. tovotu.de/blog/432-...wrs-mit-Dnisch-lernen
  2. market.android.com/...ls?id=com.lingopal_da
  3. woerterbuchnetz.uni...WBB2009/DWB//wbgui_py

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