21. August 2010
Interrail-Trip durch Westeuropa: Teil 2
Dieser Artikel schließt an einen Artikel über die erste Hälfte der Reise (Basel, Bern, Lausanne, Genf, Marseille, Barcelona, Sevilla) an.
Nach dem eindrucksvollen Besuch Sevillas brachte uns ein Schnellzug nachmittags nach Madrid. In der spanischen Hauptstadt verbrachten wir zwei Nächte im Hostel "La Posada de Huertas", das durch unglaublich günstige Preise und mit seiner günstigen Lage im Stadtteil Huertas bestach.
Das Hostel bot am gleichen Abend noch einen so genannten "Pub Crawl" an, bei dem wir einige Hostel-Mitbewohner kennen zu lernen erhofften. Diese Kneipentour durch drei Bars und eine Diskothek brachen wir allerdings schon nach zwei Bars ab: Zum einen hatten sich die Bars als extrem klein, verraucht und musikalisch desorientiert herausgestellt. Zum anderen waren wir nach den vergangenen Tagen des "Schnellbesichtigens" zu erschöpft, um die Nacht lang werden lassen zu können.
Am kommenden Tag gab es wieder ein nettes Angebot des Hostels: Die "Free Tour" durch Madrid, bei der ein Führer namens Pablo aus Argentinien dreieinhalb Stunden zu Fuß durch die Stadt führte. Aus unterschiedlichen Hostels fanden sich zu dieser Veranstaltung 30 bis 40 Teilnehmer zusammen und ganz kostenlos war es auch nicht, bestand Pablo doch schlussendlich auf seine 5 bis 15 Euro Trinkgeld - schade nur, dass er zur wirklichen Historie der Sehenswürdigkeiten das ein oder andere hinzuerfand und nicht selten seine politische Sichtweise über die Führung zu propagieren versuchte.
Die große und sehenswerte, aber viel zu hektische und zu wenig jugendliche Hauptstadt verließen wir am zwölften August in Richtung Salamanca. Die Auszeichnung als UNESCO Weltkulturerbe hat das historische Stadtzentrum wirklich verdient: Die Gebäude der mittelalterlichen Universität, die spätmittelalterlichen Klöster und Kirchen, die berühmte Plaza Mayor, die meiner Meinung nach den gleichnamigen Platz in Madrid an Zierde übertrifft, eine römische Brücke, das Jugendstilhaus Casa Lis und viele andere authentische Bauwerke lassen Salamanca im Schein der Geschichte erstrahlen. Dabei ist das Stadtzentrum wirklich in hervorragendem Zustand und nur die äußeren Stadtbezirke um das Zentrum auf der nordöstlichen Seite des Flusses können den überwältigenden Eindruck trüben.
Nach einer Nacht im "Rincon de Sito" - eher ein unschlagbar günstiges Hotel mit Zwei-Bett-Zimmern als ein Hostel - und einer Nacht in den Bars und Diskotheken Salamancas brachte uns ein Nachtzug langsam und unkomfortabel über die Grenze in die portugiesische Hauptstadt Lissabon (port. Lisboa), wo wir zwei Nächte im ansprechend eingerichteten, aber personalmäßig unfreundlichen "Kitsch Hostel" verbrachten.
Lissabon bot uns viele sehenswerte historische Bauwerke - darunter ein Aquädukt des 18. Jahrhunderts -, ein Kunstmuseum und ein Jazz-Festival. In die lokalen Szene-Clubs trauten wir uns mit unserer "Backpacker-Bekleidung" nicht hinein und die vielen sehenswerten äußeren Stadtbezirke (Belém, Sintra, ...) zu besichtigen versagte uns der knappe zeitliche Rahmen.
Schon die Hauptstadt machte einen etwas heruntergekommenen Eindruck - insbesondere im Vergleich mit der strahlenden Stadt Salamanca -, unser nächstes Ziel Porto übertraf Lissabon aber in dieser Hinsicht leider noch.
Wir kamen hier zwar in dem günstigen, nagelneuen und super sauberen "Spot Hostel" unter, das Stadtzentrum und die Bezirke, die wir auf der anderen Seite des Flusses sehen konnten, boten aber bisweilen keinen schönen Anblick. Schön waren der Strand an der Atlantikküste (allerdings ziemlich frisch), die Uferpromenade und einzelne Bauwerke wie die Luís-Brücke, die Avenida los Aliados und die Casa da Música.
Die saubere, klimatisierte und mit Loungemusik unterlegte Metro, wie sie auch in Lissabon schon vorzufinden war, brachte uns nach einer Übernachtung zum Bahnhof, von wo aus wir Santiago de Compostela ansteuerten. Die kleine Stadt im galizischen Spanien, die von Pilgern überlaufen war, bot uns eine außerordentlich ansehnliche Kathedrale und ein insgesamt ziemlich sehenswertes Stadtzentrum. Außerdem wohnten wir für kurze Zeit einem lokalen Musik- und Kurzfilmfestival bei.
Unsere letzte Nacht in einem Hostel auf dieser Reise hatten wir im vor leider ungünstig gelegenen "Meiga Backpackers" Santiago verbracht. Ein unglaublich langsamer Zug brachte uns daraufhin in 11 Stunden nach Hendaye, wo wir in einen Nachtzug Richtung Paris stiegen. Nach einer angenehmen - wenn auch kühlen - Nacht im Liegeabteil blieben uns 12 Stunden in der zu Recht bekannten, gelobten, aber meistens mit Touristen überlaufenen französischen Hauptstadt, die wir mit einer Erkundung der bekanntesten Sehenswürdigkeiten gut auszunutzen wussten - sogar dem Louvre und dem Centre Pompidou konnten wir in der kurzen Zeit einen Besuch abstatten.
Als wir nun in der Nacht vom 19. auf den 20. August wieder endlich in unseren heimischen Betten schlafen durften, konnten wir eine gewisse Erleichterung nach den Strapazen, die mit dem ständigen Ortswechsel und den ehrgeizigen Erkundungstouren einhergegangen waren, nicht leugnen. Außerdem ist es nach 13 Städten wirklich mal an der Zeit, das erlebte zu verarbeiten und eine Pause einzulegen.
Angesichts der Tatsache, dass auf der Welt noch so unglaublich viele Orte darauf warten, besucht zu werden, bleibt einem ehrgeizigen Weltenbummler ohne viel Zeit und Geld nichts übrig, als sich entweder mit wenigen Orten zufrieden zu geben, oder jedem einzelnen Ort weniger Zeit und Aufmerksamkeit entgegenzubringen, wie wir es in den vergangenen 16 Tagen getan haben. Wir können nämlich nicht leugnen, dass wir zwar viel gesehen, aber nichts wirklich gründlich erkundet haben. Die historischen, architektonischen und statistischen Hintergründe der besuchten Sehenswürdigkeiten blieben uns nämlich zugegebenermaßen überwiegend verborgen. Dazu kam, dass wir oft Eintrittsgelder für Kirchen, Schlösser und andere Gebäude scheuten und uns darüber hinaus mit flüchtigen Blicken - oft ohne im Lauf innezuhalten - zufrieden gaben.