tovotu

15. Oktober 2010
Atmosphäre, Herz und kunstvolle Raffinesse im Doppelpack

Im heutigen Artikel stelle ich gleich zwei Filme vor, die eines gemeinsam haben: Sie standen bereits seit mehreren Jahren bzw. schon seit kurz nach ihrer Veröffentlichung ganz oben auf der Liste der Filme, die ich mir unbedingt mal anschauen wollte. Trotzdem ergab es sich erst vor wenigen Tagen und Wochen, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Ich spreche zum einen von dem 2006 veröffentlichten Film "Babel" [1], wo ein kunstvolles Netz über den ganzen Globus dargestellt wird, das die unterschiedlichsten Menschen und Schicksale miteinander in Verbindung bringt. Verschiedenste Handlungen bedingen sich gegenseitig. Dabei wird innerhalb des Films dargestellt, wie das gedankenlose Verhalten zweier marokkanischer Hirtenjungen im Umgang mit einer Schusswaffe den Urlaub und die Gesundheit eines jungen US-amerikanischen Ehepaares in eine prekäre Lage versetzen. Währenddessen geschehen in Japan und den USA Dinge, die nicht durch diese zentrale Handlung bedingt, aber dennoch mit ihr verknüpft sind. Die Handlung in Japan dreht sich um die Tochter eines Geschäftsmanns und ehemaligen Jägers, der vor vielen Jahren das Gewehr nach Marokko gebracht hat, mit dem die genannten Jungen Unfug während des Films Unheil anrichten - hier liegt die kausale Beziehung zur Haupthandlung also vor der Erzählzeit - und in den USA vollziehen sich Dinge um die zurückgelassenen Kinder und das Kindermädchen des genannten Ehepaares. Es ist abzusehen, dass die Haupthandlung in Marokko - das unglückliche Schicksal des Ehepaars - in der Zukunft, also diesmal nach der Erzählzeit, den Fortgang dieser Handlung bedingen wird.
Neben der Tatsache, dass die filigrane Vernetzung der Rahmenhandlungen mit der Haupthandlung unglaublich aufregend ist, stellt auch jede der einzelnen Handlungsstränge einen äußerst brisanten und höchst spannenden Konflikt dar, was diesen Film zu einem atemberaubenden sowie herzergreifenden Schauspiel werden lässt.

Der zweite Film, von dem an dieser Stelle die Rede sein soll, ist "Schmetterling und Taucherglocke" [2]. Der Zuschauer erlebt es hier hautnah mit, wie der Chefredakteur einer französischen Modezeitschrift im besten Alter eines Tages aus dem Koma erwacht und sich in der tragischen Situation befindet, die der Mediziner als "Locked-In-Syndrom" bezeichnet: Im Stande, alles um sich herum wahrzunehmen und zu reflektieren, ist er doch unfähig, irgendeinen Teil seines Körpers zu bewegen - abgesehen von seinem linken Augenlid, das er nach einigen Tagen der verzweifelten Resignation als Kommunikationsmittel zu verwenden lernt.
Die titelgebende Metapher, er sei wie ein Taucher in einer steifen und kalten Taucherglocke abgeschlossen von der Außenwelt, während ihm Hilfe zukommt von einer jungen Logopädin, die ihm in ihrer Freiheit und Schönheit unerreichbar wie ein Schmetterling vor den Augen umherflattert, wird leitmotivisch in vielen Szenen direkt und subtil umgesetzt.
"Schmetterling und Taucherglocke" ist ein sehr emotionaler, aber auch zum Nachdenken anregender und bemerkenswert kunstvoller Film, der weniger Spannung als Babel bereitet, dafür aber umso mehr Wirkung auf emotionaler und geistiger Ebene zeigt.

  1. imdb.com/title/tt0449467
  2. imdb.com/title/tt0401383

Kommentare

Nils 16. Oktober 2010

Mir ging es bei den beiden Filmen ähnlich. Jetzt musst du nur noch The Social Network gucken!! War mit Tassilo am Sonntag drin gewesen ☺
Neue Kommentare zu diesem Artikel bitte per Mail an kommentare-466(at)tovotu.de!