25. September 2009
Parteien beim Wa(h)lfang
Unter dem Stichwort "Piraten" findet man bei google.de sofort die Homepage der Piratenpartei und dann erst den Wikipedia-Artikel über das, was man Jahrhunderte lang unter dem Begriff verstand [1]. Die Piraten von Somalia sind immerhin noch in der News-Ergebnissen zu finden, aber eigentlich auch kein Thema mehr.
Wer nicht direkt hinterm Mond lebt, wundert sich natürlich nicht über dieses Suchergebnis. Ein Wahlergebnis dieser Form allerdings halten alle für unmöglich: Die Fünfprozenthürde ist allgemein als für die Piraten unüberwindlich anerkannt.
Die Piratenpartei ist in der Netzgemeinde in aller Munde. Umfragen im Internet zu den Bundestagswahlen lassen die Piratenpartei mit den Grünen gleichziehen (siehe SchuelerVZ), in einschlägigen Internetforen erreichen sie sogar eine absolute Mehrheit (etwa bsdforen.de). Wieso sollten sie dann bundesweit nicht mal auf fünf Prozent der Stimmen kommen? So klein ist die Netzgemeinde nun wirklich nicht!
Ich vernahm sogar bereits in Foren der Piratenpartei selbst vereinzelt Stimmen frustrierer Parteimitglieder, die davor zurückschräken, für die Piratenpartei zu stimmmen, da die ja ohnehin nicht in den Bundestag kommen werde.
Wer mit dem Wahlprogramm der Piratenpartei sympathisiert, sie aber dennoch nicht wählen möchte, hat gewöhnlich zwei Gründe: "Sollte die Partei es nicht in den Bundestag schaffen, wäre meine Stimme vertan" und "Die Ansätze sind gut, aber das Wahlprogramm ist nicht umfassend genug".
Zugegebenermaßen ist der erste Grund so tiefreichend, dass er in mir das Verlangen nach einer Wahlreform auslöst: Um den kleinen Parteien mehr Chancen auf einen Einstieg zu geben, sollte man eine "Alternativzweitstimme" einführen. Man wählt zwei Parteien, von denen die zweite nur dann die Stimme bekommt, wenn es die erste aufgrund der Fünfprozenthürde nicht ins Parlament schaffen würde. Aber auch ohne diese Wahlreform sollte man das erste Argument nicht zu hoch einschätzen: Jede Zweitstimme, egal ob die Fünfprozenthürde geschafft wird, kommt der gewählten Partei durch entsprechende Förderung vom Bund finanziell zugute. Und gerade eine kleine Partei, wie die Piratenpartei ist auf jeden Euro angewiesen - in dieser Partei gibt es bislang nur ehrenamtliche Mitglieder!
Die Widerlegung des zweiten Arguments erfordert eine andere Sichtweise: Eine Partei, die die alleinige Regierung anstrebt, sollte auch ein entsprechend umfassendes Wahlprogramm vorzeigen. Aber das trifft kaum auf alle Oppositionsparteien zu. Ganz im Gegenteil sollten die sich doch auf einzelne Themengebiete spezialisieren, um ein besonders breites und differenziertes Spektrum an Meinungen garantieren zu können.
Ich möchte an dieser Stelle also betonen, dass eine Zweitstimme für die Piratenpartei nicht als so sinnlos angesehen werden sollte, wie sie häufig hingestellt wird. Dabei steht die Piratenpartei nur stellvertretend für all die anderen kleinen und spezialisierten Parteien, die endlich mal die Chance erhalten sollten, die eintönige Parteienlandschaft von heute aufzukrempeln.
Wer sich umgekehrt bis dato nicht mit dem Programm der Piratenpartei auseinandergesetzt hat, sollte das dringend tun [2]. Denn der Name "Piraten" ist leider sehr ungünstig gewählt, wie man an den zahlreichen falschen Vorurteilen über diese Partei merkt.
- 25. September 2009: google.de/#q=piraten
- piratenpartei.de/tm...undestagswahl2009.pdf