tovotu

5. Dezember 2010
Nachrichten übers Internet nicht nur schreiben, sondern auch malen

So ganz ohne Anschauung kommen auch Mathematiker nicht aus: Zwar kann man wunderschön Sätze formulieren und Beweise führen, ohne darin auch nur einmal ein "Beispiel" oder eben eine "Anschaunung" anzuführen, aber zum Verständnis dieser abstrakten Sätze und Beweise behilft sich doch am Ende jeder Mathematiker ab und an mit dem ein oder anderen anschaulichen Beispiel.
Und das ist auch der Grund, warum Mathematiker so gerne eine Tafel oder doch zumindest etwas zum Zeichnen zur Hand haben, wenn sie etwas erklären. So eine Skizze, ein Graph oder ein Diagramm ist schließlich doch ziemlich nützlich fürs Verständnis.

Als ich aber gestern mit einem Kommilitonen über ein mathematisches Thema chattete, vermisste ich die Möglichkeit, ihm etwas vorzuzeichnen. Die sterilen Worte, auf die man beim Live-Chat meistens angewiesen ist, reichten nicht aus. Audio- und Video-Chat wären auch nicht genau das gewesen, wonach wir suchten. Wir wollten uns schließlich nicht nur gegenseitig etwas vorführen, sondern wir wollten die Möglichkeit haben, jeweils in den Skizzen des anderen herumzumalen und so die eigenen Gedanken dort einzufügen.

Zu diesem Problem befragt spuckte Google günstigerweise sofort den passenden Wikipedia-Artikel aus: Was wir suchten, nannte sich "Paint Chat" [1]. Und tatsächlich stehen auf der Wikipedia-Seite einige Beispiele für Software, die in diese Kategorie einzuordnen ist.
Viele Angebote dieser Art gehören zu großen Künstler-Community-Webseiten. Den Künstlern ist es so möglich, in Echtzeit gemeinsam an digitalen Kunstwerken zu arbeiten, auch wenn sie auf entgegengesetzten Seiten des Globus' sitzen.

Wir wollten uns zu unserem Zweck natürlich nicht extra in einer Künstler-Community anmelden. Die beste Alternative schien da der Webdienst Twiddla zu sein [2]. Der Name dieser Webseite leitet sich vom englischen "to twiddle" (mit etwas herumspielen, an etwas herumfummeln) ab. Ursprünglich sollte die Seite wohl "twiddle" heißen. Die zugehörige Domain war aber schon vergeben, woraufhin man entschied, den letzten Buchstaben durch einen solchen Vokal zu ersetzen, dass die Domain noch frei ist. "a" war der erste Vokal, den man ausprobierte, und da "twiddla.com" noch frei war, taufte man das neue Projekt kurzer Hand "Twiddla" [3].

Ganz unproblematisch ohne Anmeldung lässt sich auf der Startseite von Twiddla mit einem Klick auf den grünen "Go"-Knopf eine neue Sitzung starten. Als Starter der Sitzung erhält man einen Link, mit dem man andere Leute zu dieser Sitzung einladen kann. Alle Teilnehmer der Sitzung können sich Namen geben und frei die verfügbaren Zeichen-, Mal- und Text-Werkzeuge der Software auf den anfangs weißen Arbeitsbereich anwenden.
Das aktuelle Ergebnis der Sitzung kann jederzeit als Grafikdatei abgespeichert werden. Aber wenn alle Teilnehmer die Sitzung verlassen, werden die Daten der Sitzung nach kurzer Zeit gelöscht und es ist dann nicht mehr möglich, die Sitzung zu einem späteren Zeitpunkt wieder dort fortzusetzen, wo man sie beendet hat.

Twiddla ist generell kostenlos - es bedarf nicht einmal einer Anmeldung. Die Webseite finanziert sich offenbar alleine über die Möglichkeit, Premium-Accounts zu erstellen [4]. Wer einen solchen Premium-Account besitzt, profitiert von der Möglichkeit, beendete Sitzungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen. Dazu gesellen sich weitere nützliche Features, die auf der Webseite von Twiddla eingesehen werden können.

Meine Erfahrungen mit Twiddla bisher waren sehr positiv. Man kann in einer Sitzung nicht nur zusammen Malen und Zeichnen, sondern sogar Dateien hochladen bzw. austauschen und gemeinsam Texte und bereits vorhandene Bilddateien bearbeiten. An einer Sitzung können bis zu 200 Leute teilnehmen, sodass sogar Vorlesungen oder Ähnliches vorstellbar wären. Außerdem macht die Benutzung dieses Paint Chats einfach riesigen Spaß. Sich unterhalten kann eine schöne Sache sein, aber wenn man dabei noch lustige oder nützliche Zeichnungen austauschen kann, wird man den Nutzen von und den Spaß an der Unterhaltung garantiert maximieren.

  1. de.wikipedia.org/wiki/Paint_chat
  2. twiddla.com
  3. twitter.com/twiddla/status/1317982416
  4. twiddla.com/Pricing.aspx

Kommentare

Administrator 7. Dezember 2010

Nach mehrmaliger Benutzung des kostenlosen Services von Twiddla musste ich mit Bedauern feststellen, dass es bisweilen dazu kommen kann, dass unerwünschte und vor allem unbekannte Gäste der Sitzung beitreten. Die geben sich dann keinen Namen oder nennen sich bestenfalls "Hacker", kritzeln auf der Arbeitsfläche herum oder laden gar Werbebanner und Screenshots diverser Porno-Webseiten hoch.
Das ist schade. Da sollte Twiddla bessere Spambekämpfung implementieren. Denn auch wenn der Premium-Account damit wirbt, so etwas zu verhindern, erscheint Twiddla trotzdem so in keinem guten Licht, sodass ich wirklich wenig Lust hätte, mir nach diesen Erfahrungen einen Premium-Account einzurichten.
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